Landschaftsbeschreibungen in der Literatur
van Gogh
Zu Beginn ein Gedicht von Goethe
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
vom Meer strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
in Quellen malt.
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
der Wandrer bebt.
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
die Welle steigt.
Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen,
wenn alles schweigt.
Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne,
du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
Oh, wärst du da!
So, wie man beim Betrachten von Gemälden eintauchen kann in eine neue, unbekannte Welt und seine eigene Geschichte erfinden, so ist es ebenso spannend, eine Welt zu entdecken bei der Beschreibung einer Landschaft in einem Roman oder einem Gedicht.
In der Literatur beschreibt man häufig Landschaften, die wir uns bildlich vorstellen können. Man berichtet darin von Farben und deren Wirkung, spielt mit Wortbegriffen aus der Malerei. Lässt uns teilhaben an der Stimmung.
Schriftsteller betten ihre Prosa in solche Bildbeschreibungen und fesseln ihre Leser damit, wecken deren Erinnerungen an Erlebtes. Je detaillierter die Beschreibung, umso präziser hat man eine Vorstellung von der Situation.
Rainer Maria Rilke tat es in den "Briefen an seine Frau Clara" auf ganz besondere Weise, wenn er über die Malerei von Cezanne berichtete, den er heiss verehrte. Er sprach darin u.a. von einem wattierten Blau, einem schattenlosen Grün, dem rötlichen Schwarz der Weinflaschen.
Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke
Rilke, ein österreichischer Lyriker deutscher und französischer Sprache war einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne.
Er war ein Freund der "Künstlerkolonie Worpswede" bei Bremen, in deren Nähe er ein Haus besass. Im Sommer 1902 reiste er nach Paris, wo er eine Monografie über den Bildhauer Auguste Rodin verfassen wollte. Seine Frau blieb mit der Tochter vorerst in Westerwede. Später setzte er sich auseinander mit den Werken von Paul Cezanne.
Seiner Frau Clara, deutsche Bildhauerin und Malerin, schrieb er fast täglich. In einem dieser Briefe erinnert er sich beim Anblick dreier Zweige Heidekraut, die Clara dem Brief beilegte, an seine geliebte Heidelandschaft und schreibt:
«Ach, wie herrlich ist er doch, dieser Duft. Nie scheint mir, lässt sich die Erde so einatmen in einem einzigen Geruch, die reife Erde; in einem Geruch, der nicht geringer ist als der Geruch des Meeres, bitter, wo er an den Geschmack grenzt, und mehr als honigsüss dort, wo man meint, dass er an die ersten Töne stossen müsse. Tiefe in sich enthaltend, Dunkelheit, Grab beinah und doch auch wieder Wind, Teer und Terpentin und Ceylon Tee. Ernst und dürftig wie der Geruch eines Bettelmönches und doch auch wieder wie kostbares Räucherwerk harzig und herzhaft. Und anzusehen wie Stickerei, prachtvoll; wie drei mit violetter Seide: (einem Violett, so heftig-feucht, als ob es die Komplementärfarbe der Sonne wäre) in einem persischen Teppich eingestickte Zypressen.»
Diese bildliche Interpretation von Heidekraut, zeugt von einer enormen Vorstellungskraft Rilkes.
Der Schriftsteller Augustin Wibbelt beschreibt im Roman «Der versunkene Garten» eine Landschaft folgendermassen: «schaut man zurück über die blühende Wiese, so erscheint sie als ein dichter Blumenteppich, in dem das Gras ganz verschwindet»
oder bei Leon N.Tolstoi "Die Sonne versank jeden Abend im glühend heissen Abendrot"
«Hörnli» im Zürcher Oberland KP
skizziert an einem heissen Sommertag
Wie oft habe ich schon daran gedacht, diese wundervollen Bildbeschreibungen einmal malerisch umzusetzen. Wir Maler*innen sollten dazu in der Lage sein. Aquarellfarben eignen sich vorzüglich dafür.
Und hier kommt mein Vorschlag für den kommenden Malnachmittag: Lasst uns ein Aquarell erstellen nach einer literarischen Beschreibung. Ich führe hier einen Passus aus "dem grünen Heinrich", einem Werk von Gottfried Keller ein und bitte euch, Gedanken über eine zeichnerische Interpretation zu machen oder sogar schon eine Zeichnung oder ein Aquarell zu erstellen bis zum nächsten Treffen.
Was haltet ihr davon?
Gottfried Keller Dichter
Gottfried Keller war ein Schweizer Dichter und Politiker. Wegen eines Jugendstreiches von der höheren Schulbildung ausgeschlossen, trat er eine Ausbildung an, um Landschaftsmaler zu werden. Er verbrachte zwei Studienjahre in München, von wo er 1842 mittellos in seine Vaterstadt
zurückkehrte. Wiki
Textauszug:
.......Der Weg war noch feucht und doch fest; rechts unter uns zog der Fluss, wir blickten seine glänzende Bahn entlang; jenseits erhob sich das steile Ufer mit dunklem Walde, und darüber hin sahen wir über viele Höhenzüge weg im Nordosten ein paar schwäbische Berge, einsame Pyramiden, in unendlicher Stille und Ferne. Im Südwesten lagen die Alpen weit herum, noch tief herunter mit Schnee bedeckt, und über ihnen lagerte ein wunderschönes mächtiges Wolkengebirge im gleichen Glanze, Licht und Schatten ganz von gleicher Farbe wie die Berge, ein Meer von leuchtendem Weiss und tiefem Blau, aber in tausend Formen gegossen, von denen eine die andere übertürmte........
Ich habe den Text so abgeschrieben, wie er sich mir präsentierte und die grammatikalischen Besonderheiten nicht korrigiert.
Vielleicht beginnt ihr mit einer flüchtig hingeworfenen Skizze um das Wesentliche, die Stimmung, die dieser Beschreibung inne ist, wiederzugeben. Dazu eignen sind Bleistifte oder Marker. Geht noch nicht zu sehr in die Einzelheiten, damit noch Änderungen möglich sind.
Ich empfehle, mehrere Zeichenmedien auszuprobieren und verschiedene Ansichten zu erstellen.
Aus diesen unterschiedlichen Sichtweisen kann anschliessend ein Gemälde entstehen, sofern wir Lust dazu verspüren.
Wir sehen uns also am kommenden Mittwoch. Wer verhindert ist soll die Aufgabe daheim versuchen zu lösen.
Ich bin sehr gespannt auf eure Ideen zu diesem Thema.
Liebe Grüsse Katharina
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