Zeichnung von Hans Erni
Hans Erni (schweizer Maler, Grafiker und Bildhauer 1909 - 2015)
Bildende Kunst ist Gestaltung, nicht blosse Niederschrift seelischer Erregungen. Jeder Mensch ist des Ausdrucks fähig, aber es geht darum, den Ausdruck in bleibende Form zu bringen.
Prof. Gerhard Gollwitzer 1906 - 1973
(deutscher Kunstpädagoge und politischer Aktivist)
Das Figürliche Zeichnen ist etwas vom Wunderbarsten in der Kunst, aber auch vom Schwersten.
Es verlangt das ständige Beobachten von Menschen, das Studieren ihrer Haltungen und Bewegungen. Letztendlich besteht das Ergebnis einer guten Zeichnung aus eigener Anstrengung und Erfahrung.
Den ersten Blogbeitrag darüber brachte ich Ende November letzten Jahres, den zweiten, der sich mit dem weiblichen Körper befasste, schrieb ich am 10.Juni 2023.
Heute geht es um das Kennenlernen des männlichen Körpers in seiner Bewegung.
Als Frau sehe ich einen männlichen Korpus mit anderen Augen als ein Mann. Will ich ihn aber zeichnen, muss ich ihn studieren, muss Fragen stellen über Zusammenhänge zwischen Körperbau und Bewegungsvorgänge. Dabei hilft mir vielleicht eine Gliederpuppe, da sie nach Belieben einzustellen ist. Aber am wichtigsten ist das ständige Skizzieren, im Zug, beim Konzert, in der Badi. Unbestreitbar von Vorteil ist ein Aktmodell. Dann muss vielleicht einmal der Freund oder Ehemann herhalten.
Frauen und Männer unterscheiden sich wesentlich in ihrem Körperbau. Die Vorgehensweise beim Mass nehmen ist die gleiche.
Darum ist es unerlässlich, will man sich mit dem Zeichnen von menschlichen Körpern befassen, sich zuerst einmal mit dem Aktstudium zu befassen.
Bei beiden ist es wichtig, zuerst einmal eine lineare Zeichnung zu erstellen, eine Linie, die den Umriss des Körpers wiedergibt.
a) Bezeichne die Mitte eines Körpers, senkrecht und waagerecht!
b) Bestimme die Masse des Kopfes und stelle einmal fest, wieviel Kopfeinheiten in den Körper passen!
Wie setze ich eine Figur in einen Raum? Zuerst einmal, indem ich ihr einen Rahmen gebe.
Eine Linie ist die äusserliche Begrenzung eines Körpers. Sie legt die Grösse der Figur fest,
kann aber ziemlich langweilig sein, wenn sie ohne Begrenzung oder Kontur im Raum steht.
Setzt man sie dagegen gegen eine dunkle Fläche erhält sie Kraft und übernimmt die Kontur.
Sobald die lineare Zeichnung eine Begrenzung erhält, steht sie im Raum und wird körperhaft.
Um der Figur Plastizität zu geben, braucht es eine Lichtquelle, welsche die Schattenbereiche aufzeigt.
Licht von oben rechts Licht von vorne
Der Übergang von einer Umrisszeichnung zur Wiedergabe der Form durch Licht und Schatten ist immer schwierig. Jedem, der vor einem Aktmodell steht, läuft die Zeit davon. Schliesslich kann dieses eine Stellung nicht endlos lang einnehmen.
Ich rate euch deshalb, flüchtige Zeichnungen zu erstellen und dabei weniger auf die Linie zu achten.
Versucht einmal, ohne allzu häufiges Absetzen des Stifts, Bewegungsskizzen zu erstellen. Auch wenn sie zu Beginn nicht gelingen, so entwickelt man dennoch ein Gefühl für Proportionen.
Eine ausdrucksvolle Bewegung ist wichtiger als peinliche Genauigkeit und viele Details.
Es muss beim Zeichnen nicht zwangsläufig der gesamte Körper abgebildet sein. Die Darstellung eines Körperteils allein ist nicht zu unterschätzen. Man wird gezwungen, genauer hinzuschauen.
Macht euch mit Einzelheiten vertraut, so gelingen später die vollständigen Abbildungen.
Auch ein stillstehendes Aktmodell drückt Bewegung aus. Jede Pose hat ihre eigentümliche, bedeutsame Linie, was normalerweise auch die längste ununterbrochene Linie ist.
Für heute soll das genügen. Später wird Teil 4 folgen.
Ihr werdet auf der ganzen Welt kein Buch finden, was euch die Arbeit abnimmt!
Gruss Katharina
Comments